Vorwort
Gegenstand
Die Bibliographie verzeichnet alle Erstauflagen der in der
DDR erschienenen Science Fiction (SF) in belletristischer Form (aber auch
Theatermanuskriptdrucke oder Hörspieltexte). Eingeschlossen sind einige
Vorläufer und Nachzügler sowie die in deutscher Sprache im osteuropäischen
Ausland erschienene SF, die auf dem DDR-Buchmarkt präsent waren. Nachauflagen
werden nur berücksichtigt, wenn sie in wesentlichen Punkten (Verlag, Inhalt,
Reihe) verändert sind; einfache Nachauflagen oder die lediglich
satzidentischen Mitdrucke der Buchreihen "buchclub", "Buch des
Monats" oder "Buch der Jugend" werden nicht berücksichtigt.
Wöchentlich erscheinende Periodika und Tageszeitungen
blieben unberücksichtigt, ebenso Comics, nichtbelletristischen Formen und
Fan-Publikationen. Auch "Fröhlich sein und singen" und der Nachfolger
"Frösi" blieben unausgewertet.
In der Bibliographie geht es um die insgesamt publizierte
SF, also nicht allein von Autoren aus der DDR, sondern eingeschlossen alle
Übersetzungen und diverse Publikationen, die für den DDR-Markt im östlichen
Ausland produziert wurden.
Zeitraum
Politisch existierte die DDR von 1949 bis 1990,
wenngleich
ihr Ende eher mit dem Datum vom 9. November 1989 verbunden ist.
Literarisch jedoch finden sich Vorläufer der DDR in der
Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ) und auch etliche Nachläufer, Texte, die noch
vor dem Ende der DDR geschrieben bzw. konzipiert wurden, aber erst danach auf
dem Markt erschienen.
Die Bibliographie verzeichnet sämtliche SF-Publikationen
aus der DDR und darüber hinaus einige wenige Texte aus dem Gebiet der SBZ vor
und einige Nachfolger (bis spätestens 1991) - bis hin zu der Anthologie
"Die Zeit-Insel. SF-Erzählungen aus einem Land, das es mal gab", die
1991 im Verlag Neues Leben erschien und einen guten Schlußpunkt der DDR-SF
bildet.
Zur Genredefinition
So sehr sich Literatur auch bemüht, die Wirklichkeit
abzubilden: immer ist das geschriebene Wort per se eine Abstraktion, Auswahl,
Zusammenfassung, Interpretation der Wirklichkeit, stark gefärbt (und überhaupt erst ermöglicht) durch die individuelle
Sichtweise, Erfahrungen
und Ansichten des Schreibers. Dies betrifft zunächst sogar die Reportage oder
den historischen Aufsatz. Weit stärker betroffen sind davon alle Arten der
Belletristik, zunächst der Gegenwartsroman oder der historische Roman.
Prinzipiell wissen wir wenig von dem, was um uns herum
aktuell vorgeht. Jedes Abbild dieser Wirklichkeit muß ärmer sein, als diese
selbst. Da nichts besseres zu erhalten ist, geben wir uns bereits zufrieden,
wenn das gedruckte Wort (auch das Foto oder der Film) zumindest das
Wesentliche, das Wichtigste, die Wahrheit einer historischen Situation
wiedergibt (oder was wir dafür halten - auch historische Wahrheiten sind dem
Wandel der Zeiten und der Erkenntnisse unterworfen). Während also bereits die
"realistische" Literatur eine naturgegebene Entfernung zur
Wirklichkeit aufweist, bemüht sich die phantastische Literatur bewußt um eine
Entfernung aus dem Bereich menschlicher Erfahrung - jedenfalls gibt sie dies
vor.
Tatsächlich aber kann sich der Mensch prinzipiell nicht aus
dem Bereich seiner eigenen Erfahrung ent-fernen. So ist das, was die
phantastische Literatur von der nichtphantastischen unterscheidet und was ich
kurz als Verfremdung bezeichne, lediglich die Veränderung weniger
oberflächlicher Dinge in einer ansonsten sehr realistischen Szenerie. Sinn
dieser Verfremdung ist kein Erkenntnisgewinn, sondern ein Gewinn an Spannung,
Abenteuer und Unterhaltung, ein literarischer Trick also. Die Science Fiction
nun, als ein Teil der phantastischen Literatur, kennzeichnet eine spezifische
Art dieser Verfremdung: die SF setzt Bausteine der Realität neu zusammen und
erreicht dadurch eine Verfremdung der Realität.
Diese "Neukonstruktion" der SF-Realität folgt
jedoch den Regeln der Wirklichkeit und einer realistischen Weltsicht.
Übersinnliches und Übernatürliches hat keinen Platz in der SF. Keine
Gespenster, keine Wehrwölfe, Vampire, Hexen, Teufel oder Engel. Keine
Qualitätssprünge in der Weltsicht, keine Hellsicht, sondern nur marginale
Veränderungen des Bekannten. Da ist der Außerirdische nur eine nüchterne
Erfindung menschlichen Geistes. Und was da Zukunft genannt wird, ist lediglich
eine Variante der Gegenwart - die im besten Fall (bei einem guten Autor) in der
SF als Handlungsbühne funktioniert.
Futorologische Aspekte hat die SF nicht. Ihr fehlt jede
Möglichkeit eines Blicks in die Zukunft. Es geht auch in erster Linie nicht
darum, was sich der Autor für die Zukunft erhofft bzw. von ihr befürchtet.
Vielmehr geht es darum, was in einer literarischen Szenerie, die lediglich den
Namen "Zukunft" trägt, widerspruchsfrei durch den Autor einbaubar
ist, um einen guten Rahmen für eine der klassischen Abenteuerhandlungen
abzugeben.
Kurz: Science Fiction ist eine Form der Unterhaltungsliteratur, die klassische Abenteuermuster in einem verfremdeten,
phantastischen Rahmen durchspielt, dessen Regeln und Themen die Regeln und
Themen der Realität sind.
Wenn dies der Kern des Konstruktionsprinzips der SF ist, so
finden sich immer genug Titel am Rande des Genres, oder Texte, die die Grenze zu
anderen Genres überschreiten oder mit einer solchen Überschreitung spielen.
Eine Grenzziehung ohne Widersprüche und Zweifelsfälle ist nicht möglich.
Die Definition eines literarischen Genres ist der mitunter
ein wenig willkürliche Versuch, Ordnung in der Vielfalt der Literaturen zu
schaffen und führt zu einer Abstraktion, deren Merkmale nicht an wenigen
einzelnen Werken abzulesen sind. Ein Genre definiert sich vielmehr aus dem
gegenseitigen Bezug vieler Texte und einem historisch gewachsenen (und sich auch
verändernden) Verständnis des Genres.
Eindeutige Zuordnungen sind so nur schwer zu erlangen. Und
wahrscheinlich sind sie auch nicht sinnvoll. In diesem Sinne ist auch der Inhalt
einer Bibliographie nie frei von Kompromissen und einer gewissen
Willkürlichkeit - die ich den Leser zu tolerieren bitte.
Überhaupt scheint es nützlicher, auf die übergreifenden
Gemeinsamkeiten von Belletristik und SF zu verweisen (vor allem im Hinblick auf
literarische Qualitäten), als Wert auf die eher marginalen Besonderheiten der
SF zu legen - die nun aber gerade dem Leser recht wichtig sind.
Es sind die typischen "Theater-Requisiten", die den
Leser interessieren, weniger die spezifische Wirklichkeitsverfremdung der SF,
also die Nebensächlichkeiten, die jedoch seit der Entstehung der SF immer im
Zentrum der Diskussionen gestanden haben.
Zur SF aus dem östlichen Ausland
Dem aufmerksamen Leser wird eine Reihe von
Publikationen
auffallen, die zwar in deutscher Sprache, jedoch in den Ländern des Ostblocks
(UdSSR, Rumänien, Polen, ČSSR ...) gedruckt wurden. Zum ersten handelt es
sich um Texte, die ausdrücklich für den Vertrieb in der DDR oder generell im
deutschsprachigen Ausland publiziert wurden (man denke an die Periodika
"Sputnik" und "Sowjetliteratur"), zum zweiten dienten einige
Titel dem Deutschunterricht im jeweiligen Ursprungsland, zum dritten
schließlich gab es Publikationen für die deutschsprachigen Minderheiten im
sozialistischen Ausland. Fast alle diese Titel tauchten früher oder später
auch auf dem Buchmarkt der DDR - und sei es auch nur in Antiquariaten - auf.
Aufbau der Einträge
Sämtliche Einträge sind in einem einzigen
alphabetischen
Verzeichnis zusammengeführt und kommen weitgehend ohne Verweise aus.
In die Reihung der Autorennamen sind Anthologien (unter ihrem
Titel) mit eingearbeitet worden. Deren Herausgeber sind zusätzlich auch separat
aufgeführt.
Alle Texte eines Autors sind wiederum durchgängig
alphabetisch sortiert, wobei auch Erzählungen in Autorensammelbänden separat
aufgelistet werden, zusätzlich zu der Inhaltsangabe des entsprechenden
Sammelbandes oder der Anthologie. So finden sich die diversen Erscheinungsorte
einer Erzählung immer zusammengefaßt in einem Eintrag, hier (meist) in der
zeitlichen Folge des Erscheinens sortiert. (Beim Nachdruck einer Erzählung
unter neuem Titel wäre dies ein wenig umständlich.) Dafür aber ist die
Erzählung auch unter jedem veränderten Titel zu finden und ebenso sämtliche
Angaben zu weiteren Publikationen dieser Erzählung. Diese Redundanz macht
Verweise und damit lästiges Hin- und Herblättern unnötig.
Autoren und Herausgebernamen als Ordnungseintrag werden in
Kapitälchen, Titel von selbständig erschienenen Publikationen werden fett
gesetzt.
Der Aufbau eines bibliographischen Eintrages folgt bei
selbständigen Publikationen dem folgenden Muster:
Autor:
Titel (Untertitel)
Originalsprache: Originaltitel
Herausgeber, Vorwort, Nachwort etc. ...
Verlag, Ort. Jahr. Seitenzahl
(Reihen-Titel, Jahrgang (Jahr) Heftnummer)
Inhalt / Aus dem Inhalt: ...
Bei unselbständigen Publikationen wird ein ähnliches Muster
eingehalten:
Autor
Titel (Untertitel)
Originalsprache: Originaltitel
♦ In: Titel, Jahrgang (Jahr) Nummer, Seiten
Jeder Eintrag einer unselbständigen Publikation
beginnt mit
einer Raute (♦).
Untertitel finden sich in runden Klammern. In eckigen
Klammern stehen lediglich Kommentare. Als Inhalt einer Anthologie oder eines
Autorensammelbandes werden nur jene Erzählungen erwähnt, die der SF zuzuordnen sind. "Aus dem Inhalt" kennzeichnet dies.
Die Angabe der Seitenzahl eines Buches richtet sich nicht
(wie sonst üblich) nach der letzten eingedruckten Seitenzahl, sondern nach dem
tatsächlichen Umfang. Gezählt wird der ganze Buchblock, ohne Vor- und
Nachsatzblatt.
Die osteuropäischen Originaltitel wurden transliteriert.
Sortierhinweise
Bestimmte Artikel bleiben (mit Ausnahme eines
betonten
Artikels) unberücksichtigt, unbestimmte dagegen nicht. Umlaute werden wie ihre
Stammlaute behandelt. Bei Zweifelsfällen über die Einordnung eines
Autorennamen finden sich Verweise.
Zur Verläßlichkeit der Angaben und zu fehlenden Titeln
Sämtliche Daten wurden sorgfältig recherchiert.
Dennoch
kann dies keine Fehlerfreiheit garantieren oder Fehlstellen vermeiden. Die
Ursachen reichen von der Unauffindbarkeit einiger Titel oder Daten bis hin zu
einfachen Fehlern im Zuge der langen Entstehungs- und Überarbeitungsgeschichte
der Bibliographie. (So hilfreich die Arbeit am PC auch sein mag, die
Möglichkeiten, Fehler überhaupt erst zu erzeugen, sind ungleich vielfältiger
als bei der Arbeit mit Karteikarten.) In wenigen Fällen ließ ich unsichere
Angaben gänzlich fort. Sollte der Leser einen Titel vermissen, kann dies
allerdings auch an einer unterschiedlichen Interpretation der
Genrezugehörigkeit liegen. In jedem Fall bin ich für eine Nachricht dankbar,
die helfen könnte, einen höheren Grad der Vollständigkeit zu erreichen. Und
so erreichen Sie mich:
Dr. Olaf R. Spittel
Dreeke 80
49406 Barnstorf
Meine E-Mail-Adresse ist
Olaf.Spittel@t-online.de.
Dank an Mitarbeiter
Ein Bibliograph trägt lediglich Daten aus den
unter-schiedlichsten Quellen zusammen. Ohne verläßliche Mitarbeiter und Helfer
ist eine solche Arbeit schlicht unmöglich. Im Rückblick erinnere ich mich an
sehr viele Hinweise, die ich erhalten habe, und für die ich dankbar bin. Sicher
hat am Anfang Erik Simon als Lektor der Lichtjahr-Anthologien, in denen die
ersten Teile der Bibliographie erschienen, viel Arbeit beigetragen (vor allem
machte er viele russische Originaltitel ausfindig). Kaum zu unterschätzen ist
der Beitrag Hans-Peter Neumanns, der mir Einblick in den aktuellen Arbeitsstand
seiner Bibliographie gewährte (die wiederum von der Mitarbeit weiterer
ungenannter Helfer profitiert). Somit erweist sich jede und natürlich auch die
vorliegende Bibliographie als im Grunde öffentliches Werk, wenngleich am Ende
nur die Auswahlkriterien eines einzelnen stehen und die Verantwortung für
Fehler und Lücken auch nur bei mir liegen.
Nachtrag vom 22. März 2021: Herr
Matthias Koch hat sich dankenswerterweise der Mühe unterzogen, diverse Fehler,
die vorzugsweise beim Digitalisieren der Bibliographie entstanden sind,
aufzuspüren und zu korrigieren. Somit ist die Online-Bibliographie wieder ein
Stück verläßlicher geworden.
Abkürzungen
Armen. = Armenischer Originaltitel
Bulg. = Bulgarischer Originaltitel
Dän. = Dänischer Originaltitel
Engl. = Englischer Originaltitel
Estn. = Estnischer Originaltitel
Franz. = Französischer Originaltitel
Ital. = Italienischer Originaltitel
Jap. = Japanischer Originaltitel
Lit. = Litauischer Originaltitel
Niederl. = Niederländischer Originaltitel
Norweg. = Norwegischer Originaltitel
Poln. = Polnischer Originaltitel
Portug. = Portugiesischer Originaltitel
Rum. = Rumänischer Originaltitel
Russ. = Russischer Originaltitel
Schwed. = Schwedischer Originaltitel
Serbokroat. = Serbokroatischer Originaltitel
Slowak. = Slowakischer Originaltitel
Span. = Spanischer Originaltitel
Tschech. = Tschechischer Originaltitel
Ukrain. = Ukrainischer Originaltitel
Ung. = Ungarischer Originaltitel
Usbek. = Usbekischer Originaltitel
Dass. = Dasselbe
d. i. = das ist
f. = folgende
hrsg. / Hrsg. = herausgegeben / Herausgeber
Jg. = Jahrgang
Nr. = Nummer
o. Nr. = ohne Nummer
s. = siehe
S. = Seite / Seiten
u. = und
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